Die Geschichte der Spurweiten

Zurück zu den Eisenbahnspurweiten

---

Jeder, der die westliche Grenze der ehemaligen UdSSR wenigstens einmal überqueren musste, konnte die Prozedur des Wechsels der Drehgestelle beobachten. Jeder Waggon kommt auf den Wagenheber, unter ihm werden die Drehgestelle ausgetauscht und der Zug setzt seine Reise auf anderer Spur fort.
Die Spurweite ist definiert als der Abstand zwischen den Innenkanten der Schienen. Wollen Sie wissen, warum es verschiedene Spurweiten gibt ?

Wie sind die Spurweiten entstanden ?

Zu Beginn des Eisenbahnbaus gab es natürlich keinen einheitlichen Standard. (Wie im Übrigen auch jetzt nicht). Jeder baute so wie er gerade wollte. So hatten die ersten Eisenbahnen in Frankreich eine Breite von 500 mm und die englische Great Western Railway eine Spurweite von 2140 mm ! Erstaunliches ist entstanden, da die Führung jeder neuen Eisenbahngesellschaft ihre eigenen Vorstellungen darüber hatte, wie breit die Spur sein sollte. Der Bau der Eisenbahnen war jedoch um so billiger, um so schmaler die Spurweite war. Darüber hinaus konnten schmale Spurweiten natürlich auch auf entsprechend schmalen Trassen leichter gebaut werden. Aber auch die breiten Spuren hatten ihre Vorteile. Nach dem es immer mehr und größere Eisenbahnnetze gab, begann man diese miteinander zu verbinden. Hier entstand das Problem der Umladung der Waren von einen Waggon in den Waggon der jeweils anderen Eisenbahngesellschaft mit einer anderen Spurweite. Vor allem die Passagiere waren nicht begeistert von der Notwendigkeit des Umsteigens aus einen Waggon in den anderen. So entstand die Forderung eine "goldene Mitte" zu finden und die Eisenbahnen entsprechen umzubauen. Leider kam es nie zu einer solchen "goldenen Mitte“ und wäre es dazu gekommen, würde Sie heute nicht diesen Artikel lesen.

Die Standardspur

Am weitesten verbreitet ist bis auf den heutigen Tag die Standardspur mit 1435 mm, bzw. 4 Fuß und 8,5 Zoll. Die allgemeine Ausdehnung der Eisenbahnstrecken in dieser Spurweite beträgt rund 720000 km, also genug um 18 Mal den Äquator zu umrunden. Diese Spur wurde erstmals 1825 vom Engländer George Stephenson verwendet. Nach und nach wurde sie zum Standard. Nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika. Warum wurde nun gerade diese Spurweite zur europäischen Standardspur ? Lesen Sie dazu auch die Geschichte der Standardspur.

Die Kapspur

An dritter Stelle steht die sogenannte Kapspur mit 1067 mm bzw. 3 ½ Fuß. Ungefähr 112000 Kilometer Schienen mit dieser Spurweite gibt es verteilt über die ganze Welt. Die Geschichte der Entstehung dieser Spur, wie auch der Bezeichnung ist widersprüchlich. Einerseits ist man der Meinung, dass diese Spur nach dem Kap von Südafrika benannt ist, da dort diese Spur erstmals im industriellen Ausmaß gebaut wurde. Andererseits steht „Kap“ angeblich für die Initialen von Karl A. Filisas (Carl A. Philis), dem Ingenieur, der diese Spur in Nordnorwegen einführte. Dies erklärt nun zwar die Herkunft der Bezeichnung, aber nicht die Breite. Bereits 1806 wurde in Russland eine der ersten Eisenbahnen in genau dieser Spurweite gebaut. 1000 km dieser Strecke gibt es immer noch. Am meisten verbreitet ist die Kapspur jedoch in Japan, Südafrika und Australien.

Die Meterspur

Nun darf man nicht davon ausgehen, dass eine Eisenbahnspurweite prinzipiell nach Fuß bzw. Zollgrößen entstanden ist. Das klassische Gegenbeispiel ist die Meterspur, die wie der Name sagt, genau 1000 mm breit ist. Es ist die am viert meisten verbreitete Spur der Welt (ca. 95000 km). Die metrische Spur gibt es in Brasilien, Indien, Asien, Afrika. Sehr stark verbreitet ist die Spurweite auch in der Schweiz. Aber auch in Russland wurde die Meterspur früher bei einigen Strecken verwendet.

Die bosnische Spur

Aber es geht auch kleiner bzw. schmäler. Eine der populärsten Schmalspuren der Welt ist 750 mm mit ihren Variationen 760 und 762 mm. Die Strecken dieser Schmalspurweite erstrecken sich auf über 11000 km. Die inoffizielle Bezeichnung dieser Spur ist "bosnisch", da sie zum ersten Mal während des ersten Weltkrieges in Bosnien verwendet wurde. Außerdem findet sich diese Spur mittlerweile in Indien, Russland, Nordkorea, Österreich und sogar im exotischen Nepal !

Mit 6000 km Länge weltweit folgt die Spurweite 914 mm bzw. 3 Fuß. Sehr stark verbreitet in den lateinamerikanischen Länder. Dann folgt die 600 mm Spur (2000 km). Erstmals von der deutschen Armee zur Zeit des ersten Weltkrieges benutzt entstand hierfür die Bezeichnung „Feldbahn“.

Und war es das ? werden Sie fragen. Nein es gibt noch 597, 578, 560, 558, 544, 533, 520, 508, 500, 483, 457, 400 mm und viele andere mehr.

Und breiter ?

Natürlich geht es auch breiter. Die „indische“ Spur mit 1676 mm ist in Indien, Bangladesh, Pakistan und Sri Lanka weit verbreitet. (über 92000 km) Auch in San Francisco begegnet man dieser Spurweite. Warum hier gerade in dieser Spur gebaut wurde, kann kein Mensch sagen.

Die „irische“ Spur mit 1600 mm Spurweite ist, das sagt uns der Name, in Irland entstanden. Sie findet sich aber auch in Australien und Brasilien. Zur Anfangszeit der Eisenbahn in Deutschland setzten auch die badischen Staatsbahnen auf diese Spurweite, entschlossen sich aber nach einiger Zeit dazu diese umzuspuren um ihr Schienennetz an die Netze der anderen deutschen Bahnen anschließen zu können. Weltweit gibt es davon heute 15000 km Streckennetze.

Hier könnte man natürlich auch noch die Spurweiten 1645 mm und 1829 mm erwähnen. Nicht zu vergessen die 2140 mm Spur der Great Western Railway. Und natürlich die nie gebaute 3000 mm Breitspurbahn Adolf Hitlers.

Die russische Spur

Vermissen Sie etwas ? 1520 mm ? Das ist die offizielle Breite der russischen Eisenbahnen und der ehemaligen Sowjetrepubliken. Zur Entstehung der "russischen" Spur gibt es eine Menge Legenden. Wahrscheinlich aber ist, dass 1524 mm genau 5 Fuß sind und einfach eine runde Zahl verwendet werden sollte. Auch sollte die Eisenbahn in den Weiten Russlands eine strategischere Rolle spielen, als die Eisenbahnen in Europa. Und für Verteidigungszwecke wurde in Russland noch nie gespart. 222000 Kilometer gibt es derzeit in dieser Spurweite. In allen ehemaligen Sowjetrepubliken, Afghanistan, Mongolei und Finnland findet man sie.

Die friedliche Koexistenz

Nicht nur die "russische" Spur dringt ins „europäische" Territorium ein, es kommt auch umgekehrt vor, dass die europäische Standardspur bis in die Bahnhöfe der Grenzländer reicht. Die bekanntesten Beispiele sind Kaliningrad in Russland und der Fährhafen Sassnitz-Mukran auf Rügen. Die Nutzung beider Spuren erlauben den Umschlag von Waren zu vereinfachen bzw. ohne Umspuren ins entsprechende Ausland zu fahren.

1520 mm oder 1524 mm?

Wie breit ist die Spurweite des russischen Eisenbahnnetzes nun tatsächlich ? 1520 oder 1524 mm ? Nun was sind schon 4 mm, werden Sie sagen, aber es geht um das Prinzip. Also gut, auf den geraden Strecken des Weges soll die Spurweite 1520 mm betragen. Auf gebogenen Gleisstrecken soll es zwischen 1530 mm und 1535 mm sein. Die heute existierenden Strecken dieser Spurweite befinden sich zwischen 1524 mm und 1540 mm Breite. (Auch die europäische Standardspur ist im Gleisbogen breiter! Je nach Bogenradius bewegt sich die Spurweite zwischen 1430 und 1470 mm. Anmerkung des Übersetzers)

---
Steam Engine IS TopList

Autor: D. Zinoviev
Deutsche Übersetzung: B. Rieger